Montag, 9. Februar 2015

Keine Lastmodule für LiFePO4 - Balancerplatinen

Ich bin gegen Balancer-Platinen auf LiFePO4 Zellen (LFP) und möchte euch erklären warum.
Grund ist eine Reihe von Fragen, die ich per E-Mail bekommen habe, warum die denn alle verwenden würden, wenn die sooooo schlimm sind, wie ich das sage.

Nun, der Grund ist vermutlich der, dass die meisten, die diese Lastmodule vertreiben nicht verstanden haben, wie die Zellen zu laden sind.
Oder vielleicht liegt es auch daran, dass man mit dem Verkauf mehr verdient als mit der Aufklärung über die Risiken :-)

Wenn ich hier von LiFePO4 Zellen spreche, dann von SkyEnergy/CALB SE/CA oder Thundersky/Winston Battery Zellen.
Ich habe zwar auch Erfahrungen mit den HighPower, GBS LFP, A123 Zellen und diversen 18650 gemacht, aber den Großteil eben mit den oben genannten.

Die meisten von denen, die LiFePO4 Batterien in ihrem Fahrzeug, der Solaranlage oder auf dem Boot einsetzen, möchten ihre Investition möglichst lange nutzen und genießen.
Das verstehe ich durchaus und so habe ich anfangs auch viel Zeit damit verbracht, ein passende BMS für meine damals 38 Zellen zu finden.

Nur waren sie entweder zu teuer oder aber so aufgebaut, dass es mir schwer fiel zu verstehen, was die eigentlich sollten.

So bestellte ich mir ein Goodrum/Fechter BMS (V2.7), welches damals bei endless-sphere.com in einer Art open-source Entwicklung entstand und anpassbar war.
Während ich auf die Lieferung wartete und auch während der Zeit des Lötens las ich viel über die Zellen und machte meine ersten eigenen Erfahrungen.
So langsam schwand der Drang, die Zellen zu balancieren.

Heute bin ich mir sicher, dass min. 80% der Zelltode von installierten LiFePO4-Zellen auf den falschen Umgang beim Laden zurückzuführen ist.
Der Rest stirbt wegen Produktionsfehlern, die später erst zum Tragen kommen oder weil die Zellen zu sehr entladen wurden.

Um das Problem zu verstehen, eine Wiederholung:

Bei einer voll geladenen LiFePO4 Zelle ohne Last und nach einer Ruhezeit von sagen wir mal 48 Stunden würde man eine Spannung an den Anschlüssen von 3,38V messen.
Die Zelle wäre voll.
Würde mann nun eine Spannungsquelle größer als 3,38V an die Zelle anlegen, würde weiter Strom in die Zelle fließen und sie würde überladen, letztendlich irgendwann auch messbaren Schaden nehmen.

Um genau diesen Punkt zu erreichen (voll, ohne zu überladen), geben die Hersteller der Zellen ein Datenblatt zur Hand, in dem steht, wie man die Zellen laden sollte, um die angegebenen Zyklen zu erreichen.

CALB (China Aviation Battery Company) hat hier, wie viele andere Hersteller, über die Jahre ihre Datenblätter angepasst. So dass hier zusätzliche Unsicherheit bei den Verbrauchern entstand.

Generell lässt sich für LiFePO4 / LFP Zellen sagen:

Empfohlener Ladestrom: 0.3C
Ladeendspannung: 3,6V
Ladeendpunkt: 3,6V bei 0.05C

Für unser Beispiel hier nehmen wir eine CALB SE100Ah Zelle.
Empfohlener Ladestrom: 0.3C * 100Ah = 30A
Ladeendspannung: 3,6V
Ladeendpunkt: 3,6V bei 0.05C * 100Ah = 5A

Mit diesen Werten kann ich nun eine Zelle laden.
Ich starten mit 30A Ladestrom, bis die Zelle 3,6V an den Anschlüssen zeigt, dann halte ich die Spannung auf 3,6V.
Dadurch sinkt der Strom und bei 5A Ladestrom beende ich den Ladevorgang.
Gratuliere! Die Zelle ist schadlos geladen worden :-)

Das ist für eine einzelne Zelle sehr leicht, verbindet man aber mehrere Zellen in Reihe, um eine höhere Spannung zu erreichen, fangen die Probleme an.

Denn jede Zelle ist unterschiedlich zur nächsten. Jede wird zu einem anderen Zeitpunkt voll sein oder auch leer.
Daher werden sie "angeglichen". Das geschieht durch einzelnes Vollladen oder Entladen auf einen bestimmten Punkt.

Für unser Beispiel nehmen wir 4 x 100Ah Zellen, um eine herkömmliche "12V"Blei-Batterie zu ersetzen.

Wir laden nun alle wie oben beschrieben einzeln auf und verkabeln sie danach in Reihe.

Wir nutzen die neue "4S"-Zelle (vier Einzelakkus in Serie) nun über länge Zeit. Entladen sie bis max. 20% der Kapazität und laden sie wieder bis max. 14,4V (4*3,6V) und mit einem Strom von 30A, in der Konstantstromphase bis der Strom auf 5A gesunken ist.

Sind die Zellen alle ohne Fertigungsfehler geliefert worden, wird diese Art der Nutzung nach 2.000 Vollzyklen noch 80% ihrer Kapazität, also 80Ah besitzen.


Nun kommen die "Lastmodule" oder "Balancer" ins Spiel.
Deren Einsatz liegt die These zugrunde, dass Lithiumzellen mit der Zeit in der Spannung "auseinanderdriften" und tatsächlich tun das einige Lithiumzellen.
Lithium-Polymer Zellen, wie sie bei Modellbaufliegern sehr verbreitet sin, sind durch ihre Zellchemie deutlich "nervöser" als LiFePO4 Zellen und fangen mit der Zeit an, unterschiedliche Spannungen zu zeigen.
Hier wird in der Regel jede Ladung mit angeschlossenem Balancer durchgeführt.
Der Vorteil der LiPo's ist, dass sie eine hohe Entladerate (bis 90C, also der 90fachen Stromstärke der aufgedruckten Kapazität) eine höhere Spannungslage (3,6V/3,7V), eine höhere Energiedichte und damit ein geringeres Leistungsgewicht haben, was für Modellflieger sehr wichtig ist.

LiFePO4 verhält sich so nicht. Sie geben ihre Leistung langsamer ab (gern mit 3C), benötigen etwas mehr Platz, haben ein höheres Gewicht pro Wh und deren Normalspannung wird mit 3,2V angegeben.
Dafür weisen sie deutlich höhere Zyklenzahlen auf und fangen nicht Feuer bei einem Kurzschluss.

Trotzdem gibt es unzählige Arten von Balancermodulen, die für sich in Anspruch nehmen, die Zelle vor der Überladung zu schützen.
Das erledigen sie meist durch Widerstände, die ab einer Spannung von meist 3,6/3,65V die Zelle überbrücken sollen.
Die Energie, die durch die restlichen Zellen laufen soll, damit diese weiter geladen werden, wird über den Widerstand in Wärme umgewandelt.

Das Problem ist, dass sie in einer Phase zum Tragen kommen müssen, in der der Ladestrom noch ein vielfaches von dem beträgt, das sie selbst verarbeiten können.
Balancermodule sind zwischen 500mA und 3A üblich.

Bei unserem Beispiel (30A bis 3,6V, danach 3,6V bis 5A) könnten sie die anfallenden 30A nicht vollständig an der schon vollen Zelle vorbeileiten. 27A - 29,5A würden weiter in die Zelle fließen.
Zudem wird der Balancer heiß, da er über 100W Wärme produziert.
Klingt nicht viel, aber bei einem Pack von bei uns 54 Zellen wird das kuschelig warm bis brütend heiß.

Gehen wir davon aus, dass die Zellen ähnlich in der Spannung sind.
Ganz davon abgesehen, dass ich sie dann nicht bräuchte, würde selbst bei 5A Ladeendstrom das Balancermodul 2A noch in den Akku schieben, der bereits voll ist.

Es gibt nach meinen Erfahrungen keine sinnvollen Einsatz dieser Boards, weshalb ich dringend empfehle sie nicht zu benutzen!

Viel sinnvoller ist es, allgemein nur bis 3,5V / 0.03C zu laden und bei der Entladung darauf zu achten, dass die unteren 10-20% nicht genutzt werden.


Wer unsicher ist und genau wissen möchte, wie der Zustand seiner Zellen ist, sollte sich einen Batteriemonitor-BMS zulegen, welches flexibel in der Anpassung ist.

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3 Kommentare:

  1. Hallo Michael,
    danke für diesen aufschlussreichen Bericht.
    Mittlerweile gibt es ja Balancer/Equalizer die den Strom nicht "Verbrennen" sondern auf die anderen Zellen verteilen.
    Was hälst Du davon ? Wobei die ja vermutlich auch erst gar nicht greifen wenn man Deinen Rat beachtet und LiFePos nicht mit mehr als 3,5 Volt lädt.
    Viele Grüße
    Benjamin

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  2. Hallo auch, ich habe vor, mir einen 16S LiFePO4 als PV-Energiespeicher zu beschaffen. Also bin ich hier gelandet. Bisher hab ich wenig Ahnung, wie viel Innenwiderstand eine Zelle hat, kann mir aber gut vorstellen, dass sie (wie bei anderen Technologien) nie exakt gleich groß sind. Das bedeutet, es gibt verschiedene Spannungen über den Einzelzellen. Per se erstmal nicht schlimm. Wenn nun aber die Ladeschlussspannung einer Zelle erreicht wird, jedoch viele andere noch nicht voll sind, dann kann es zum Schaden der Zelle kommen, da der Laderegler nur die Gesamtspannung bewertet und versucht, weiter zu laden. Wenn nun aber parallel zur vollen Zelle ein kleiner Widerstand geschalten wird, ändert sich der Spannungsteiler. Alle anderen Zellen bekommen mehr Spannung, weil U ~ R. Also fallen nicht die vollen 3,6 V über dem Widerstand ab, sondern weniger. Keine Ahnung wie viel, wie beschrieben: ich kenne den Innenwiderstand der Zellen nicht. Kann man aber mit der Kenntnis problemlos ausrechnen.
    Ein Balancerwiderstand ist gewiss nicht das cleverste, was einzusetzen geht, aber gewiss das einfachste. Eigentlich ist das Entladen auch als der ungünstigere Fall zu bewerten, da hier auch erst abgeschalten wird, wenn die Entladeschlussspannung über alle Zellen erreicht ist. Wenn dies eintritt, kann eine Zelle bereits völlig tiefentladen sein. Also Zellüberwachung beim Entladen und Balancerwiderstände beim Laden sind meine Empfehlung. 1,30 € kostet ein Voltmeter je Zelle für RasbPi + Relais + Stromstoßschalter = BMS beim Entladen. In meinem Fall (16S) also weniger als 100 €. LG

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  3. Ich habe solche Equalizer mit 1A Ausgleichsstrom im Auto erfolgreich im Einsatz! Der Vorteile ist gerade dass sie nicht erst ab einer bestimmten Spannung einsetzen sondern immer arbeiten. Der schwächste Akku bekommt permanent vom Stärksten etwas Kapazität, es wird nichts 'verbrannt'.Dadurch sind die Akkus (weitestgehend) immer balanciert, auch wenn die Akkus teilentladen sind. Die einfacheren haben allerdings keinen Überspannungs- oder Unterspannungsschutz und der Zellendrift sollte sich in Grenzen halten. Kann auch paralell zu einem BMS eingesetzt werden.

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Vielen Dank.